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Agglomerationspunkte und Raumdynamiken
Zur Installation How If – A Translation in III Acts von Mladen Bizumic
Marc Glöde



Dass ein Museum eine Apparatur ist, die unsere Wahrnehmung der Kunst ausrichtet, merken wir oft nur, wenn der Prozess unserer kontinuierlichen Rezeption unterbrochen wird, wenn der Fluss des Ganges durch das Museum oder die Galerie beispielsweise durch eine Installation ins Stocken gerät.

Die Rauminstallation How If - A Translation In III Acts von Mladen Bisumic ist eine solche Möglichkeit der Unterbrechung, eine Position, die vehement gegen eine solche Ausstellungspraxis der Einbetonierung und Ausrichtung des (räumlichen) Denkens gestellt ist. Bereits die Aufsplittung der Arbeit in zwei unterschiedliche Lokalitäten läuft den gewohnten räumlichen Praktiken von Kunstpräsentation entgegen: Indem die dreiteilige Arbeit von Beginn an nicht nur auf einen Raum der Inszenierung beschränkt, sondern gerade aus der architektonischen und institutionellen Vorgabe eines einzelnen Ortes gelöst wird, bewegt sie sich aus dem Korsett eines Innenraumes, aus der Position eines um sich selbst kreisenden Monopols heraus. Dabei lässt die einfache Verteilung der Installation auf zwei Räume einen Zwischenraum entstehen, in welchem der urbane Raum, das städtische Gefüge, das die Orte der Kunst umgibt, zugänglich wird. Es bedarf einer Bewegung durch die Stadt, um die Installation ganz zu erfahren. Kunst wird damit für Bisumic ein nicht länger vom Alltagsraum völlig getrennter Ort, sondern vielmehr ein Widerlager, das ständig auf den Alltag bezogen werden kann und soll.1

Korrespondierend zu den in der Stadt verteilten Orten der Installation zeigen sich die beiden Ausstellungsräume der Arbeit ebenso als eine Auseinandersetzung mit verschiedenen den Raumdynamiken

Akt I + II



Die Arbeiten des ersten und zweiten Aktes erscheinen wie kleine Inseln – sie sind scheinbar sporadisch über einen ganzen Raum verteilt. Es handelt sich bei ihnen um unterschiedliche Kooperationen mit Personen aus dem näheren Umfeld Bisumics: so beispielsweise die Videoinstallation mit dem Titel Sister Cities of Berlin (Paris), bei welcher ein abstraktes Lichtspiel, das durch eine Glastür zu erkennen ist, mit Ambientklängen von MINIT angereichert wird und den Betrachter/Hörer in einen Zwischenraum entführt. Ferner die Arbeit Freudmuseum (for her) – ein zwischen Skulptur und Vitrine changierendes Display, auf welchem tiefschwarz eingefärbte Steinfragmente von Gebäuden in Wien ausgestellt sind. Zwei in Auftrag gegebene Arbeiten begleiten dieses Arrangement: Ein Klavierstück, das die Wiener Freundin des Künstlers (eine Musikerin) komponiert hat und ein „psychoanalytisches Gedicht“, das seine Mutter (eine Psychologin) geschrieben hat. Es sind Arbeiten, die – für sich genommen – das Potential zum Abschweifen in andere Räume in sich bergen, ja gerade dazu auffordern („Leave the presence for a moment…“). Doch genau dieses Für-sich- Nehmen, die isolierte, kontemplative Wahrnehmung der einzelnen Bestandteile, wird in dieser Installation problematisch bzw. gezielt von Bisumic unterlaufen. Indem die in jedem einzelnen Werk sich eröffnenden Fragen und Geschichten immer wieder mit den anderen im Raum präsenten Positionen interferieren, zeigt Bisumic wie schnell sich aus disparaten, eigenständigen Positionen für den Betrachter immer wieder neue Interpretations- und Annährungsmöglichkeiten ergeben. Wie in einem Laboratorium (an welches der Raum durch seine starke Weißausleuchtung erinnert) können sich die Betrachter hier regelrecht bei einem Vorgang beobachten, den man als Sinn- und Stimmungserzeugung bezeichnen kann. Die punktuellen Agglomerationen entlarven sich dabei zunehmend als raumgreifende Achsen, an denen sich „mystery/story und hystery und his(s)tory verstärken“.2 Sie modifizieren sich ständig und determinieren den Aufenthalt des Betrachters im Raum nachhaltig. Trotzdem gewinnen diese Fragmente in der Installation niemals soviel Kraft, als dass sie sich zu einer kontinuierlichen Erzählung, zu einem homogenen Ganzen zusammenfügen könnten. Aus den schwarzen Bruchstücken der Installation setzt sich kein schwarzes Quadrat mehr zusammen. Vielmehr lassen die einzelnen Fragmente, gerade indem sie eben bruchstückhaft bleiben, nun analytische Fragen entstehen: Welche Veränderung bewirkt eine Soundarbeit, wenn sie den sich an der Wand abzeichnenden Text überlagert? Wie verändert sich meine Stimmung? Welche Rolle spielt die Architektur in der ich mich bewege? Und welche Korrespondenzen und Dynamiken entstehen bei der Verwendung tiefschwarzer Farbe in verschiedenen Arbeiten, die sich im selben Raum befinden?

Akt III
Der dritte Akt der Installation (wie beschrieben abgetrennt von beiden anderen Akten angesiedelt in einem zweiten Ausstellungsraum) führt den Blick schließlich auf einen jener Raumdiskurse, welche den Kunstkontext in den letzten Jahren nachhaltig mitbestimmt haben: den Diskurs um das filmische Dispositiv und seine Verhandlung im Kunstraum. War die filmische Apparatur von Baudry Ende der 1960er Jahre wegen ihrer Raumdeterminierung noch einer starken Kritik unterzogen worden,3 so zeigt sich der Apparat bei Bisumic keineswegs mehr als eine den Blick zentrierende Maschine. Eine L-förmige Wand ist in der Galerie aufgebaut und dient als Projektionsfläche für zwei gespiegelte Videoprojektionen. Diese Spiegelung entlang der Ecke der Wand bewirkt, dass jede der beiden Doppelprojektion nicht nur zu einem großen Ornament bzw. nahezu zu einem sich ständig wandelndem Rorschach-Fleck wird. Damit wird die filmische Projektion aus einem Modus der Repräsentation gelöst und in ein Spiel mit den eigenen Projektionen des Unbewussten überführt. Indem Bisumic also die Verwebung von Bildraum, architektonischem Raum und mentalem Raum aufzeigt, eröffnet sich auch hier die Möglichkeit einer Kritik am Apparat und der Institution. Es sind Positionen, die sich „in recht buchstäblicher Weise auf ihre sichtbaren und unsichtbaren Kontexte hin öffnen beziehungsweise diese explizit thematisieren.“4 Die Installation von Mladen Bisumic, stellt sich somit mit aller Deutlichkeit gegen eine Zurichtung (geistiger wie körperlicher) Bewegungen und erzeugt ein Stottern, eine Diskontinuität in der Maschinerie des Kunstraums. Diese lässt nicht nur unmittelbare Fragen im Hinblick auf die von Bisumic selbst angewandte Form entstehen. Vielmehr bringt sie Faktoren wie den eigenen Körper, die Architektur, die Inszenierung sowie die komplexe Verwebung dieser Aspekte zum Vorschein, die im „continuity editing“ des Museums / der Galerie stark aus dem Blickfeld geraten sind.

So reicht es nicht aus, weiterhin mit Adorno zu diagnostizieren, dass die Rezeption eines Kunstwerks, immer untrennbar mit einer Erfahrung von Raum verbunden ist und „mit dessen Ambiente, seinem Stellenwert, seinem Ort im wörtlichen und übertragenden Sinn“ zusammenhängt.5 In How If... zeigt Bisumic ,dass ein Vordringen zu den Potentialen des Raums vor allem heißt, das Spiel von Raum, Kunstwerk und Betrachter nicht als immer schon als bekannt, als Klischee zu verhandeln, sondern es vielmehr immer wieder aufs neue hinsichtlich der eingeschriebenen Dynamiken und Determinationen auszuloten.



1 Foucault, Michel: Andere Räume. In: Barck, Gente, Paris, Richter (Hg.): Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Leipzig 1990. S. 34-46.
2 Blumfeld: Verstärker, auf: L’etat et moi, Big Cat Recording, London 1994.
3 Siehe: Baudry, Jean-Louis: Ideologische Effekte erzeugt vom Basisapparat. In: Eikon. Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst, Nr. 5, 1993, S. 34-43.
4 Rebentisch, Juliane: Ästhetik der Installation, Frankfurt a.M. 2003, S. 232.
5 Adorno, Theodor W.: Ästhetische Theorie, in: Gesammelte Schriften, Bd.7, hrsg. von R. Tiedemann, Frankfurt a.M. 1970, S. 520.